Der erste Kontakt zu Venture Capitalists
Als Investment Associate bei bmp Ventures bin ich häufig eine der ersten Personen, mit denen Gründer:innen auf der Suche nach Risikokapital in Kontakt kommen. Auch im Fundraising zählt wie so häufig der erste Eindruck bzw. die Fähigkeit, das eigene Business Model und die zugrundeliegende Technologie zielgruppenspezifisch herunterzubrechen.
Viele Start-ups kommen irgendwann an den Punkt, an dem organisches Wachstum allein nicht mehr ausreicht – oder sie benötigen bereits zum Start Kapital für die Umsetzung ihrer Idee. Sei es für die Produktentwicklung, die Markterschließung oder den Aufbau eines starken Teams: Früher oder später braucht es in vielen Fällen externes Kapital, um die nächste Phase einzuleiten. Genau hier kann Venture Capital eine Option sein.
Doch wie erreicht ihr die richtigen Investor:innen? Wann ist der beste Zeitpunkt für den Erstkontakt? Und vor allem: Wie formuliert ihr eure Anfrage so, dass sie im überfüllten Posteingang eines VCs heraussticht?
Ich habe in meiner Rolle als VC viele Erstkontakte erlebt – einige waren überzeugend, andere weniger durchdacht. Die Realität ist: Eine gute Technologie, ein starkes Produkt oder ein vielversprechendes Geschäftsmodell reichen in den wenigsten Fällen allein aus. Entscheidend ist, wie ihr euch präsentiert und kommuniziert.
Mit diesem Leitfaden möchte ich euch dabei unterstützen, eure Chancen im Fundraising zu verbessern. Wichtig ist: Jedes Start-up und jeder Finanzierungsprozess ist individuell. Eine Garantie für Erfolg gibt es nicht – aber mit einer gezielten und strategischen Vorgehensweise lassen sich die Erfolgsaussichten deutlich steigern.
1. Der richtige Investor: Wen solltet ihr ansprechen?
Es klingt banal, aber einer der häufigsten Fehler ist, Investoren wahllos anzuschreiben – ohne zu prüfen, ob sie überhaupt zu euch passen. Jeder VC verfolgt eine klare Investmentstrategie. Wenn ihr nicht in deren Fokus fallt, sind eure Erfolgsaussichten eher gering.
Drei Fragen, die ihr euch vorab stellen solltet:
- Hat der VC bereits in ähnliche Geschäftsmodelle investiert? Wenn ihr ein B2B-SaaS-Start-up seid, macht es wenig Sinn, einen VC anzusprechen, der sich auf Biotech spezialisiert hat. Prüft das Portfolio und sucht gezielt nach Investor:innen, die bereits Interesse an eurem Markt gezeigt haben.
- In welcher Phase investiert der VC? Einige Fonds fokussieren sich auf Frühphasenfinanzierungen (Pre-Seed, Seed), während andere erst ab Series A oder später einsteigen. Findet heraus, wo ihr mit eurem aktuellen Entwicklungsstand am besten aufgehoben seid.
- Wie hoch ist die durchschnittliche Investmentgröße? Wenn ein VC typischerweise Tickets zwischen 500.000 und 1 Million Euro vergibt, ihr aber 5 Millionen Euro benötigt, passt es schlichtweg nicht.
Für eure Recherche empfehle ich Plattformen wie Crunchbase, Startup Insider oder LinkedIn. Auch Blogs, Interviews und die Websites der VCs liefern wertvolle Einblicke.
2. Wann ist der richtige Zeitpunkt für den Erstkontakt?
Eine Early-Stage-Finanzierung dauert oft zwischen drei und sechs Monaten – manchmal auch länger. Wer erst Investoren sucht, wenn das Konto fast leer ist, setzt sich selbst unter enormen Druck und riskiert, schlechte Konditionen zu akzeptieren oder ganz ohne Finanzierung dazustehen.
Die besten Zeitpunkte für den Erstkontakt:
- Wenn ihr erste Traktion vorweisen könnt. Umsatzwachstum, steigende Nutzerzahlen oder strategische Partnerschaften sind starke Signale, die euer Start-up für Investor:innen attraktiv machen. Achtet darauf, nur Metriken zu kommunizieren, die echten Mehrwert bieten.
- Wenn ihr aktiv eine Finanzierungsrunde plant. Die besten Investor:innen sind diejenigen, die bereits früh in den Prozess eingebunden werden. Wartet nicht, bis ihr mit anderen im finalen Gespräch seid – gebt VCs die Chance, von Anfang an dabei zu sein.
- Wenn ihr strategisch euer Netzwerk aufbauen wollt. Einige der besten Finanzierungsrunden entstehen nicht durch Kaltakquise, sondern durch langfristig aufgebaute Beziehungen. Ein Investoren-Verteiler mit regelmäßigen Updates ist eine gute Möglichkeit, Beziehungen zu pflegen (fragt vorher unbedingt um Erlaubnis!).
Ein proaktiver Ansatz signalisiert Professionalität – und verhindert, dass ihr euch mit dem Rücken zur Wand wiederfindet.
Viele VCs bieten auf ihrer Website Kontaktmöglichkeiten. Auch (Pitch-)Veranstaltungen, warme Intros oder LinkedIn eignen sich hervorragend, um auf euch aufmerksam zu machen.
3. Die perfekte Ansprache: Klar, prägnant und überzeugend
VCs erhalten täglich zahlreiche Anfragen. Viele davon scheitern bereits am ersten Eindruck – weil sie zu lang, zu unklar oder schlicht irrelevant sind. Eine gute erste Nachricht ist informativ, kompakt und auf den Punkt gebracht.
- 1. Wer seid ihr? – Stellt euch und euer Unternehmen in einem Satz vor.
2. Was macht ihr? – Beschreibt euer Produkt oder eure Dienstleistung so, dass es jeder versteht.
3. Warum seid ihr interessant? – Zeigt eure Traktion oder euren Wettbewerbsvorteil.
4. Wie viel Kapital sucht ihr? – Seid transparent in euren Finanzierungszielen.
5. Warum dieser VC? – Zeigt, dass ihr euch mit dem Investor auseinandergesetzt habt.
Eine schlechte Mail:
- Hallo, wir sind ein innovatives Start-up, das mit KI den Markt revolutioniert. Lassen Sie uns sprechen.
Eine gute Mail:
- Hallo [Name],
wir sind [Start-up-Name] und entwickeln eine B2B-SaaS-Lösung zur Automatisierung von Lieferketten. Seit unserem Start vor einem Jahr konnten wir 50 zahlende Kunden gewinnen und haben einen MRR von 120.000 Euro erreicht.
Wir planen aktuell eine Series-A-Runde über 5 Mio. Euro und würden uns freuen, mit Ihnen zu sprechen – Euer Portfolio weist starke Synergien mit unserem Marktumfeld auf.
Beste Grüße,
[Euer Name]
Je klarer eure Botschaft, desto höher die Chance auf eine positive Antwort.
4. Nehmt an Pitch-Veranstaltungen teil
Natürlich gehen wir auch diesen Anfragen nach, aber um herauszustechen und unser Interesse nachhaltig zu wecken, raten wir allen Gründer:innen, auf Veranstaltungen aktiv zu werden und dort mit uns in Kontakt zu kommen.
So werden wir und auch andere Investor:innen auf das Startup aufmerksam und es entstehen im Anschluss die ersten Gespräche mit konkreten Fragen. Und auch wenn sich dabei herausstellt, dass es nicht passt, können so direkt neue Kontakte zu passenden VCs vermittelt werden. Auch hier gilt es die Veranstaltung gezielt auszuwählen. Nicht jede Unternehmung passt zum Beispiel auf eine Business-Angel-Veranstaltung.
5. Ein überzeugendes Pitch Deck und Finanzplan beifügen
Gerade in den frühen Phasen reicht eine gut geschriebene E-Mail nicht aus. Ein aktuelles Pitch Deck ist essenziell:
- VCs nehmen sich oft nur wenige Minuten Zeit, um euer Deck zu überfliegen. Überzeugt mit harten Fakten und KPIs.
- Erzählt eure Geschichte kurz, klar, präzise und authentisch.
- Passt das Pitch Deck an die Zielgruppe an.
- Idealerweise schickt ihr auch euren Finanzplan gleich mit.
Ein gut aufbereitetes Pitch Deck und ein aussagekräftiger Finanzplan wecken Interesse und regen zu weiterführenden Gesprächen an.
Fazit: Die richtige Vorbereitung macht den Unterschied
- Wählt eure Investor:innen gezielt aus.
- Kontaktiert sie mit einer klaren, prägnanten Nachricht, Pitch Deck und Finanzplan.
- Seid frühzeitig dran, um Zeitdruck zu vermeiden.
- Bleibt professionell – auch, wenn nicht jeder VC sofort interessiert ist.
Wer gut vorbereitet ist, spart Zeit, vermeidet Frust – und erhöht die Chancen auf eine erfolgreiche Finanzierung erheblich.
In unserem Kalender könnt ihr übrigens sehen, auf welchen Veranstaltungen ihr mich oder meine Kolleg:innen in nächster Zeit treffen könnt.
Ich freue mich darauf, euch kennenzulernen! Viel Erfolg!